18.07.: CSD-Demo: Der Antifeminismus und der kleine Mann / Redebeitrag

Ein antifaschistischer Beitrag zur Analyse der Neuen Rechten

Gegenwärtig existieren verschiedene inhaltliche Auseinandersetzungen mit der sich zunehmend erfolgreicher organisierenden „Neuen Rechten“. In der radikalen Linken werden die verschiedenen Strömungen debattiert: z.B. die Afd als institutionalisierte Form der „Neuen Rechten“, die unzählichen -Gida’s oder der antifeministische, christlich-fundamentalistische „Marsch für das Leben“ in Anaberg- Buchholz. Diese sind als antimoderne Manifestationen gegen eine sich zunehmend ausdifferenzierende Welt vereint. Hierbei ist in Deutschland wie in anderen europäischen Ländern ein Versuch der Annäherung zwischen der rechts-konservativen Elite und dem im Abstieg begriffenen Kleinbürgertum festzustellen. Diese beiden Gruppen treten am deutlichsten als politische Impulsträger auf. Jedoch sind diese politischen Bündnisse in sich keinesfalls homogen, sondern bilden eine regressive Melange aus allen sozialen Schichten. In bisherigen Analysen ist ein ideologischer Schwerpunkt der Bewegung der Neuen Rechten zu kurz gekommen. Deswegen wollen wir in diesem Beitrag den Antifeminismus als Identifikationsmerkmal der Neuen Rechten hervorheben.

Organisierter Antifeminismus – Von Pegida, Legida, Compact und der Afd

Von Anfang an spielte der Antifeminismus in den Publikationen der rassistischen Protestbewegung Pegida zur Fixierung ihrer Ressentiment behafteten Meinung eine grundlegende Rolle. Im sogenannten 19 Punkte Plan wird das Gender-Mainstreaming als „zwanghafte, politisch korrekte Geschlechtsneutralisierung […][der deutschen] Sprache“ abgeurteilt. Eine entscheidende Rolle spielt hier die Ablehnung der Modernisierung von sozialen Beziehungen und der damit einhergehenden Gleichstellungsforderungen in Sprache und Alltagsleben von Frauen, Lesben, Schwulen und Trans. Damit inszeniert sich PEGIDA als selbst ernannter Tabubrecher, der sich dem imaginierten Mainstream entgegenstellt. Dies zeugt von manifester Wirklichkeitsverweigerung der modernen patriarchalen Vergesellschaftungsformen und auch von einem proto-verschwörungstheoretischen Denken. Denn als Verantwortliche für die partiell stattfindenden politischen Veränderungen wird sich ein Machtzentrum der gesellschaftlichen Verhältnisse herbei halluziniert. So wurde auf der im letzten Jahr in Sachsen stattfindenden Konferenz des verschwörungstheoretischen Compact Magazins „das Gender-Mainstreaming-Programm […][als] eine Ideologie [bezeichnet], deren Ziel es […][sei], eine neue Weltordnung zu schaffen.“ Dabei hätte eine „Mikro-Mikro-Minderheit“ „ihr Programm […] zur Staatsdoktrin erhoben“. Das Compact Magazin ist mittlerweile das auflagenstärkste Medium der Neuen Rechten. Die Verbindungen zwischen Pegida/Legida und dem Magazin sind spätestens seit der Rede des Compact-Chefredakteurs Jürgen Elsässers im Januar 2015 in Leipzig unmittelbar sichtbar geworden. Der Verschwörungstheoretiker und Antisemit Elsässer hält etwa die Terrorattacken des 11. Septembers für inszeniert und Deutschland für ein immer noch von den Amerikanern besetztes Land.

Homophobe und antifeministische Proteste und Aktionen dienen der Neuen Rechten auch zunehmend zur internationalen Vernetzung. So trat bei einer Kundgebung in Köln im vergangenen Jahr etwa Béatrice Bourges auf. Diese ist eine der Mitinitiatoren der Massenproteste gegen die Homo-Ehe in Frankreich vor zwei Jahren. In Köln sprach auch der aus Belgien kommende Vorsitzende des christlichen Vereins Civitas, der sich für die traditionelle Familie engagiert und der rechtskatholischen Pius-Bruderschaft nahesteht.

Die Afd stellt den antifeministischen Roll-back auf der parlamentarischen und parteipolitischen Ebene dar. Die Forderungen der AfD betonen die Bedeutung des klassischen Familienkonzepts, das wieder „zum Leitbild zu erheben sei“. In den vergangenen Jahrzehnten wurde die Care-Arbeit, wie Kinderbetreuung und Altenpflege als Reproduktionsarbeit stärker als gesellschaftliche Aufgabe ausgehandelt. Für den Spitzenkandidaten der Thüringer AfD Björn Höcke sollen die dadurch entstandenen Strukturen als “Schädliche, teure, steuerfinanzierte Gesellschaftsexperimente“ abgeschafft werden. Die Reproduktionsarbeit wird wieder in der traditionellen Familie verortet und damit als Aufgabe betrachtet, die die „Frau“ im klassischen Rollenverständnis zu leisten haben. Dass sie mit diesem Programm durchaus Wahlerfolge erzielen kann und somit auch parlamentarisch wirksam wird, zeigt sich im Freistaat Sachsen, wo die AfD bei der letzten Landtagswahl knapp 10 % erlangen konnte.

Organisierter Antifeminismus in der Regierung – die CDU im Zentrum der Macht

Doch nicht nur die Afd zeichnet sich als konsequent antifeministische Partei aus, auch die CDU in Sachsen hat in den letzten Jahren in organisatorischer Funktion an dem „Marsch fürs Leben“ teilgenommen. Die „Christdemokraten für das Leben“ (CDL) Organisator_innen des Schweigemarsches, verfügen in Sachsen bereits seit 1990 über einen eigenen Landesverband. Steffen Flath als CDU-Fraktionsvorsitzender im sächsischen Landtag beteiligt sich seit Jahren mit Redebeiträgen am „Marsch für das Leben“, in denen er das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen fordert. Erklärtes Ziel der CDL ist es, ihren Einfluss in der CDU zu nutzen, um Schwangerschaftsabbrüche zu kriminalisieren. Die Versuche der christlichen Fundamentalist_innen auf politische Entscheidungen einzuwirken, haben sich z.B. im Jahr 2006 im Vorstoß der Gesundheitsminister_innen von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen niedergeschlagen. Sie wollten die Kostenübernahme von Schwangerschaftsabbrüchen durch die Krankenkassen einschränken. Zwar scheiterten sie mit diesem Anliegen damals, aber gerade auch im Hinblick auf die Wahlerfolge der AfD können weitere parlamentarische Versuche der Einschränkung des Schwangerschaftsabbruches nicht ausgeschlossen werden. Denn auch wenn die gegenwärtige Politik der CDU/SPD Regierung in Sachsen was die Umsetzung des antifeministischen Backflash anbelangt noch unentschieden ist. Ihr politisches Programm kann durch die weitere Organisierung von Antifeminist_innen, ob im Parlament durch die AfD oder auf der Straße durch eine rechts-konservativen Bürgerschaft, schnell umschlagen. Denn auch in der CDU findet der Antifeminismus seine ideologische Entsprechung.

Feministische Kämpfe in die Offensive

Die gegenwärtigen antifeministischen Strömungen haben in Sachsen einen Hauptstützpunkt gefunden. Die Neue Rechte ist die reaktionäre Antwort auf eine krisenhafte kapitalistische Vergesellschaftung. Es ist der Ressentiment behaftete Ausdruck des konformistischen Subjekts, das die Gesellschaft und damit auch das traditionelle Familienkonzept nicht als sozial und geschichtlich geworden begreift. Die sich seit Jahren im Aufschwung befindenden, heute affektiv ausbrechenden Proteste und Organisierungen von Wutbürger_innen, Antisemit_innen, Rassist_innen und Antifeminist_innen kündigen eine zunehmende Gefahr für alle Frauen, Lesben, Trans und Homosexuellen im Alltag an. Auch erreichte politische Formalisierungen werden durch diese brüchig und lassen auch antifeministische und homophobe Entscheidungen der Legislativ möglich werden. Daher brauchen wir eine emanzipatorische Kritik & Praxis, die sich gegen die antifeministischen Tendenzen in der Gesellschaft stellt. Ein Kritik & Praxis, die die Vermitteltheit gesellschaftlicher Herrschaft aufzeigt und sich anschickt, diese Herrschaft abzuschaffen.

Gegen jeden Antifeminismus!

  • Aktuelles

    NIKA

    Social Center