12.12.: Kundgebung: Nieder mit dem Ba’ath-Regime in Syrien! – Gegen den Naziaufmarsch in Connewitz! / Redebeitrag

Wir sind heute nicht hier, um Ideologiekritik an Baathist*innen zu üben, das haben unsere Genoss*innen von future schon ausreichend getan. Wir wollen uns auch nicht auf Recherche konzentrieren und uns auf Details über die Nazi-Kader beschränken, die uns heute hier zusammen gebracht haben. Stattdessen wollen wir reflektieren, was Antifa in Zeiten der inszenierten Flüchtlingskrise und PEGIDA noch heißen kann.

Knapp anderthalb Jahre ist es her, da empfand ein Kongress in Berlin, dass „Antifa in der Krise“ sei. Im Nachgang lösten sich langjährige Antifa-Gruppen auf, wobei ein Teil in bundesweiten Bündnissen aktiv wurde. Andere benannten sich einfach nur um. Da wir aber noch zu den wenigen Gruppen gehören, die dieses ominöse Antifa im Namen tragen, scheint es nur logisch, dass wir hier heute einen Redebeitrag halten.

Aber was soll Antifa überhaupt heißen? Schon vor über einem Jahr haben wir festgestellt: „In einer solchen Situation an den klassischen Aktionsformen der Antifa festzuhalten, hieße eine Feuerwehrpolitik zu betreiben, die dazu verdammt ist, zu spät zu kommen.“ Die folgenden rassistischen Mobilisierungen im letzten Jahr in ganz Sachsen haben wir damals nicht vorausgesehen, aber der Satz von damals hat sich leider mehr als bewahrheitet.

Egal in welches Dorf mobilisiert wurde, den rassistischen Konsens in Sachsen hat es nicht gebrochen. 222 Anschläge auf Unterkünfte gab es in diesem Jahr in ganz Deutschland, mehr als ein Viertel davon hier. Wir wissen nicht, was passiert wäre, hätten wir der sächsischen Provinz keinen einzigen Besuch abgestattet. Aber es scheint bei diesen Zahlen schon fast zynisch von Feuerwehr-Politik zu sprechen.
Die Krise, die hier über antirassistische und antifaschistische Gruppen hereingebrochen ist, fiel jedoch nicht einfach vom Himmel. Sie entspringt auch dem politischen Willen einer sächsischen CDU, die seit 25 Jahren kontinuierlich rechte und rassistische Politik macht. Der sich ausbreitende Rassismus wurde von ihr nicht nur geduldet, sondern auch genährt. Dass er sich nun überall gewalttätig Bahn bricht, ist keine Überraschung. Der Mob setzt auf der Straße durch, was Tillich und die restliche Bagage mit ihren erfolgreichen Forderungen nach Asylrechtsverschärfungen auf politischer Ebene vorantreiben.

Doch wo Staat und Mob sich in den Armen liegen, ist die Repression die antifaschistischen und antirassistischen Menschen entgegenschlägt nicht weiter verwunderlich. Wer sich in diesem Jahr an den Protesten gegen LEGIDA beteiligt hat, kann ein Liedchen davon singen. Erinnert sei auch nochmal an Fernando V. Seines Zeichens Bereitschaftspolizist und Freund des Neonazis und heutigen Anmelders Alexander Kurth.

Doch was unterscheidet den heutigen Tag von den anderen mittlerweile fast täglich stattfindenden rechtsradikalen Mobilisierungen? Wahrscheinlich weiter nichts als ihr Event-Charakter. Auf der einen Seite können Kurth und Konsort*innen nur gewinnen. Sollten sie es nicht schaffen, ihre Demonstrationen abhalten zu können, werden sie sich als Märtyrer darstellen. Sie werden von rotlackierten Faschisten schwafeln und fordern, dass man in Connewitz mal wieder durchgreifen müsse. Sollten es ihnen aber doch gelingen, wäre der Sieg über die sogenannte „Autonome Republik Connewitz“ Wasser auf die Mühlen ihres Selbstbewusstseins. Zentrales Ziel ist in beiden Fällen der Mythos Connewitz. Andererseits ist eben dieser auch der Grund für die große Gegenmobilisierung. Ob nun aus dem verzweifelten Wunsch nach einem Erfolgserlebnis heraus, ob aus Spaß am Spektakel, oder aus der Überzeugung heraus, dass es noch ein paar Freiräume gibt, für die es sich zu kämpfen lohnt. Vielleicht zwischen der Wohnung von Burkard Jung, dem Polizeiposten und dem Sitz von Hildebrand und Jürgens.

Doch was bleibt für uns nach dem heutigen Tag? Im besten Fall ohne Umweg über die GeSa zufrieden danach die Sektkorken knallen zu lassen und uns selbst auf die Schulter zu klopfen? Wir müssen uns eingestehen, dass sich die Situation mit dem heutigen Tag nicht grundlegend ändern wird. Genauso wie sich antifaschistische Interventionen in Schneeberg oder Freital als Tropfen auf dem heißen Stein erwiesen haben. Das soll nicht heißen, dass es falsch wäre, sich den Nazis und Rassist*innen so oft es geht dort in den Weg zu stellen, wo ihre menschenverachtende Ideologie droht sich zu manifestieren. Aber darüber hinaus braucht es langfristige Perspektiven den rassistischen Konsens zu brechen und eine linksradikale Kritik an der Gesamtscheiße aus dem linken Szenesumpf herauszuheben.

Zum Abschluss wollen wir deswegen noch einmal auf die Kampagne Social Center for all hinweisen, die gerade in Leipzig läuft. Die Forderung nach einem Social Center ist ein Versuch eben das möglich zu machen. Es ist die Forderung nach einem Raum, der den Menschen Schutz und ein kleines Stückchen Freiheit bietet, die sonst gezwungen werden ihre Tage in Massenunterkünften, Containern oder gar Zeltstädten zu verbringen. Es ist die Forderung nach einem Ort, der nicht nur denen offen steht, die alle Szene-Codes verinnerlicht haben und fließend Marx rezitieren können. Ein Ort, an dem gelernt werden kann, dass Geschlecht und Sexualität nicht die grundlegenden Pfeiler unserer Identität sind. Ein Ort, an dem Erfahrungen möglich sind, in denen Menschen nicht in erster Linie kategorisiert und hierarchisiert werden. Schlicht: Es geht uns um einen Ort an dem erste Möglichkeiten geschaffen werden, sich so frei wie möglich zu organisieren und eine Alternative zu finden zu einer Gesellschaft, die auf der Unterdrückung und Ausbeutung der Menschen beruht.

Deswegen gilt: Heute den Preis für Rassismus in die Höhe treiben und morgen die Häuser holen, die wir brauchen!

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