12.01.: PEGIDA und die Extremismus-Doktrin / Redebeitrag

Die Entwicklungen der vergangenen Zeit haben allzu deutlich gezeigt, dass rassistische und chauvinistische Ressentiments ungeheuer verbreitet sind. PEGIDA in Dresden kann als zentrale Veranstaltung einer neuen rechten Bewegung gesehen werden. Auch wenn es auf der einen Seite erfreulich ist, dass hier und heute so viele Menschen gegen den Leipziger Ableger auf die Straße gehen, so scheint es doch schier unmöglich dem rechten Treiben allein auf diesem Weg Einhalt zu bieten. Daher gewinnt eine theoretische Auseinandersetzung – ungeachtet der Tatsache, dass sie ohnehin die Basis jeder Praxis sein sollte – an Bedeutung. Es gilt das inhaltliche Fundament dieser nicht mehr ganz neuen Bewegung zu erschüttern, und zwar zuallererst mit der Waffe der Kritik.

Eine solche Kritik muss sich auch daran messen lassen, inwiefern sie in der Lage ist, die Versäumnisse linker und antifaschistischer Politik der vergangenen Jahre überwinden kann. Antifaschistische Praxis war allzu häufig geprägt von einer Politik der Skandalisierung. Der positive Bezug auf den Nationalsozialismus der Nazis als politischer Tabubruch einer marginalen Position ließ eine ernsthafte Auseinandersetzung obsolet erscheinen. Aber weder das Eine – der positive NS-Bezug – noch das Andere – die marginale Position – sind bei der Bewegung um PEGIDA gegeben. Daraus ergibt sich auch die Notwendigkeit – auch weil der politische Diskurs ihren Positionen den Anschein des Marginalen gibt – den gesellschaftlichen, diskursiven Rahmen, in dem der Erfolg von PEGIDA erst möglich wird, ebenfalls zum Ziel der Kritik zu nehmen.

Dieser diskursive Rahmen, also die öffentliche Auseinandersetzung mit dem Phänomen PEGIDA, ist einer der Punkte, an dem eine radikale Linke intervenieren muss. Denn über das gesamte politische Spektrum hinweg zeigt sich eine Unfähigkeit sich mit den Positionen derer, die sich heute in Leipzig unter dem Label LEGIDA versammeln, adäquat auseinanderzusetzen.

Diese Unfähigkeit drückt sich zum Beispiel in der Warnung aus, die TeilnehmerInnen würden sich von den OrganisatorInnen der ‚Spaziergänge‘ instrumentalisieren lassen. Eine solche Warnung vor einer Instrumentalisierung der Menschen beruht auf dem selben falschen Verständnis wie auch der Vorwurf des ‚Rechtspopulismus‘. Dieser wurde im vergangen Jahr vor allem gegen die AfD und nun gegen die PEGIDA angeführt. Dieser Vorwurf einer opportunistischen Politik im Ringen um die Gunst der Massen verunmöglicht eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Einstellungen dieser ‚Massen‘. Denn auf diese Weise werden menschenfeindliche Einstellungen verneint.

Diese Form der Auseinandersetzung als Verharmlosung zu begreifen, ist grundfalsch. Die Ängste der Menschen ernst nehmen zu wollen, ist ein Zugeständnis an das falsche Bewusstsein der RassistInnen. Dieses Zugeständnis ist im Kern eine Zustimmung zu ihrer Argumentationen. Im besten Fall ist dann noch eine Kritik an der gewählten Form des Protest oder den an den aus den ‚Ängsten‘ resultierenden Schlüssen möglich. Immer aber bleiben die Prämissen: der alltägliche Rassismus und eine bürgerliche Verwertungslogik, unangetastet.

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